Verein

Chronik

 

So war das:


Gastwirt  Bernhard Schumacher aus Stuhr, Gründungsmitglied des Reiterverein Stuhr erzählt:

 

Geritten wurde in Stuhr schon immer. Da gab es genug Pferdezüchter, die ihre Remonten zum Militär nach Oldenburg lieferten. Aber 1912 kam in die Sache irgendwie Gemeinsamkeit. Die Idee ging vom Ortteil Kladdingen aus. Dort fanden sich der Züchter und Hengsthalter Adolf Schumacher, der Landwirt Johann Vohne und der ehemalige Dragoner Sergeant und Landwirt Johann Corßen zusammen. Corßen der beim Militär gute Reitkenntnisse erworben hatte, gab diese an die anderen Reiter weiter. Er war der erste Reitlehrer. Damit die Sache auch ihre Ordnung bekam und darauf wurde seinerzeit vom der Obrigkeit im Oldenburgischen streng geachtet, beriefen die genannten drei Herren an einem schönen Mai Tage im Jahre 1913 eine Gründungsversammlung ein.

Bernhard Schumacher, damals 16 Jahre und jüngster Sohn, durfte nicht mit. Er blieb zu Hause, denn es waren noch hochtragende Stuten im Stall. Doch sein Vater wurde 1. Vorsitzender des Reiterverein Stuhr.

Im Jahre 1913  hatte Adolf Schumacher vier schöne Remonten, die von den jungen Leuten im Verein, insbesondere von den beiden Schumacher Söhnen ausgebildet wurden. Diese vier Pferde wurden dann in Oldenburg unter dem Sattel vorgestellt. Dieses war in Wirklichkeit die 1. Mannschaft des Vereins.

1914 begann der 1. Weltkrieg und viele der Vereinsmitglieder rückten zur Kavallerie ein.

1918 begann der Verein erst langsam wieder zu leben, denn Militärpferde wurden kaum noch gebraucht. Anfang der Zwanziger Jahre kam das Vollblutpferd in Mode und Adolf Schumacher mischte als Erster mit. Überhaupt spielte die Eleganz der Pferde damals eine gewichtige Rolle. Eine seiner besten Züchtungen, einen Hengst, verkaufte Adolf Schumacher für 5000 Goldmark nach Spanien. Das erregte im ganzen Oldenburger Land Aufsehen.

Was heute die Pferdeleistungsschauen sind, waren damals  in der guten alten Zeit die Rennen.  Der Reiterverein veranstaltete in Stuhr-Kuhlen oder auf einer Weide, die in der Ortsmitte lag, Flach- und Hürdenrennen. Da kamen die Hannoveraner und Vollblutpferde von weit und breit, denn die Rennen waren hoch dotiert. Der Sieger bekam 200 Goldmark. Früher war das ein Vermögen. Aber man konnte es sich leisten. Mit beinahe 50 Mitgliedern war man ein Großverein.

Übrigens sind diese Tatsachen exakt aus dem „Protokollbuch“ zu belegen, das lückenlos bis heute alle Daten und Ereignisse des Vereins festhält. So wurde zum Beispiel auf der Generalversammlung am 14. April 1920 das Eintrittsgeld in den Verein auf 25,- Mark für aktive Mitglieder und sage und schreibe 75 Goldmark für passive Mitglieder festgesetzt.

Damals war es eine Ehre dem Reiterverein anzugehören. So stellte im März 1928 der Malermeister Heinrich Segelken dem Reiterverein eine 3 ha große Weide vollkommen unentgeldlich als Reitplatz zur Verfügung.

Auf einer Versammlung am 7. Februar 1931 wurde es sehr offiziell. Man beschloss den Reitern aufzuerlegen zum jährlichen Reiterball  in Joppe und leichter Hose, gemeint ist damit der Reiterdress, zu erscheinen.

Das letzte Protokoll des Vereins stammt vom 31.03.1933. Hier schließt die Kasse mit einem Bestand von RM 102,63 ab und es wird beschlossen den Verein in den „ Verband der Renn-, Reit- und Fahrvereine im Zuchtgebiet des Oldenburger Pferdes“ einzugliedern.

Am 11.01.1947 wurde in der Gastwirtschaft Hermann Coldewey eine Wiedergründungsversammlung abgehalten. Zur Aufnahme meldeten sich 32 Mitglieder, größtenteils die Nachfolger der alten Stuhrer Reiterfamilien, die dem Verein bis heute verbunden blieben. Seitdem ging es stetig wieder bergauf mit dem Verein.

Durch tatkräftige Arbeit vom Vorstand und den qualifizierten Reitlehrern, die gewonnen wurden, stellten sich gute sportliche Erfolge ein. Einzelreiter und Mannschaften errangen Erfolge auf Turnieren des Kreisverbandes, den der Reiterverein Stuhr 1949 mitgegründet hatte. Übrigens hatten es die Pferde früher besonders schwer. Neben der sportlichen Seite stand auch die Arbeit auf dem Feld und vor dem Wagen an. Denn bis zum Beginn des Baus der Reithalle 1968/69, als die städtischen Reiter mit ihren Sportpferden dazu kamen, war im Verein alles auf landwirtschaftliche Basis gestellt.

Und irgendwie ist dieses ursprüngliche, dem Pferd verbundene, uns bis heute erhalten geblieben. Alle Stuhrer Reiter putzen und pflegen ihre Pferde selbst. Und es soll Leute geben, die abends nicht ins Bett gehen, ohne de, Pferd vorher eine zusätzliche Mohrrübe zu geben.

 

Wie bereits in der Erzählung von Herrn Bernhard Schumacher erwähnt, stammten die Vereinsmitglieder seit der Gründung 1913 bis weit nach dem Kriege fast ausschließlich aus der bäuerlichen Bevölkerung und waren im Gegensatz zu heute fast ausschließlich männlichen Geschlechts. Geritten wurde auf  zur Verfügung gestellten Weiden. Da es kaum Pferdesport gab, wurden die Pferde zu den Turnierplätzen geritten. Im Jahr 1969 schafften es die Mitglieder, an der Blockener Straße hinter dem Landhaus Coldewey ein von der Gemeinde Stuhr zur Verfügung gestelltes Grundstück mit einer Reithalle zu bekommen und auch ein Reitplatz wurde angelegt. Die Reiter waren jetzt in der Lage, die in den bäuerlichen Betrieben untergestellten Pferde, witterungsunabhängig zu trainieren. Da man an der Blockener Str. wegen der Platzgröße keine Turniere abhalten konnte, wurden für einige Jahre Turnierveranstaltungen in der Steller Heide abgehalten, die bei Nennungsergebnissen von 3000-4000 Nennungen schnell zu den größten und bekanntesten gehörten.

Ein Höhepunkt, gerade für das Zusammenwachsen des Vereins, war dann das Jahr 1975. Durch die Aussiedlung des Landwirts Hermann Segelken wurde die Hofstelle an der Stuhrer Landstr. gepachtet. Durch den Einbau von Pferdeboxen konnten den inzwischen vielen Mitgliedern aus den städtischen Bereichen Unterstellmöglichkeiten für Pferde angeboten werden. Die Reithalle konnte, ohne die Straße zu kreuzen, erreicht werden. Die Mitgliederstruktur von Reitern aus dem bäuerlichen Bereich zu reiten für Jedermann war spätestens jetzt vollzogen.

Die größte Bewährungsprobe stand dem Verein dann 1985 bevor. Durch einen Brand am 15.10.1985 wurde die alte Hofstelle Segelken innerhalb von Stunden in Schutt und Asche gelegt. Nur ein kleiner Stalltrakt wurde von den Flammen verschont. Der Verein stand vor dem „Aus“. Die verbliebenen Mitglieder fanden jedoch eine neue Perspektive, als am 01.02.1987 gegenüber der alten Hofstelle von der Betreiberin Ingrid Brümmer ein neuer Pferdehof mit Boxen und Reithalle eröffnet wurde. Ab sofort war der Verein wieder in der Lage jährliche Reitturniere abzuhalten.

Durch den Bau einer zweiten kleineren Halle (1999) und der Erweiterung auf Normalmaß von 20x40 Metern im Jahr 2002 finden sich hervorragende Bedingungen.

Heute, im Jahr 2010, ist der Verein immer noch auf dem Pferdehof Brümmer im Ortskern Stuhr an der Stuhrer Landstr. beheimatet. Zurzeit mit gut 230 Mitgliedern.

Traditionell wird im Frühjahr in der Halle ein Dressurturnier mit Prüfungen bis zur Klasse L und im Sommer, am letzten Augustwochenende, auf dem Außengelände ein Springturnier bis zur Klasse M veranstaltet. Der Reiterverein Stuhr bietet seinen Mitgliedern ohne eigenes Pferd, mittlerweile täglich, Reitstunden auf  vereinseigenen Schulpferden/Ponys an. In den Ferien gibt es zudem Anfängerlehrgänge für´s Reiten und Voltigieren. Auch für die Turnierreiter werden Reitstunden mit qualifizierten Reitlehrern in Dressur und Springen angeboten. Neben der Reiterei findet auch das Voltigieren im Verein immer mehr Zuwachs und Beliebtheit. 7 Gruppen trainieren mittlerweile an verschiedenen Tagen in der Woche. 2008 entstand die erste Turniergruppe, die bereits einige erfolgreiche Turnierteilnahmen verbuchen kann. 2010 folgte dann die zweite Gruppe. Auch sie konnte sich bereits auf Turnieren platzieren.